Als Grenzgänger zwischen Diplomatie und Politik konnte der Autor im Auswärtigen Amt, in der Friedrich-Ebert-Stiftung und der SPD-Bundestagsfraktion seltene Einsichten gewinnen und mit dem Blick eines Historikers vereinen.
Die Schriften zur Politik und Geschichte dokumentieren einen Teil der Veröffentlichungen des Autors. Sie sind in der aktiven Mitarbeit in der deutschen Politik, insbesondere der Außenpolitik, in verschiedenen Funktionen entstanden. Die Anstöße kamen aus der Praxis und in der Ausformulierung der Texte ist der Praxisbezug immer präsent. Auch die Ausbildung als Historiker hat sich in den Texten niedergeschlagen.
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I. ....Sinnvoll erscheint deshalb eine Einführung in die Texte vor und nach der Zeitenwende 1989/1990.
Der Schwerpunkt des außen- und deutschlandpolitischen Interesses des Autors lag vor 1989/1990 auf dem Beharren und Ringen um die Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands. Die Zusammengehörigkeit der geteilten Nation im Kalten Krieg galt es zu bewahren und die deutsche Zukunft offen zu halten. Die von den damaligen Supermächten USA und Sowjetunion als Folge des nuklearen Patts eingeleitete Entspannungspolitik musste in diesem Sinne für die Deutschlandpolitik genutzt werden. Das stieß nicht immer auf das Wohlwollen in Moskau und Washington.
Nach der Wiedervereinigung 1990 stand die außenpolitische Absicherung des wieder geeinten Landes im Vordergrund. Die Risiken und Katastrophen, die mit der Reichsgründung von 1871 und zwei Weltkriegen einher gegangen waren, galt es auszuschließen. Die Europapolitik steht als Antwort auf die Probleme und Fehlentwicklungen von 1871 bis 1945 deshalb am Anfang der gesammelten Schriften.
Unübersehbar ist, dass die seit 1990 gebräuchlichen Formeln vom "europäischen Deutschland" anstelle eines "deutschen Europas" nicht mehr ausreichen. Die Renationalisierung in der Europäischen Union macht auch vor Deutschland nicht halt. Den damit verbundenen Prozess der Rekonstruktion der Nation gilt es behutsam zu begleiten und in einem gesicherten europäischen Fundament zu verankern.
Spätestens seit Ausbruch der Eurokrise 2009 ff. ist unübersehbar, wie die ganz Europa erfassende Renationalisierung auch einige Grundfesten der außenpolitischen Positionierung des wiedervereinigten Deutschland in Frage zu stellen beginnt: Mehrheiten beginnen zu bröckeln. Dem "Eliteprojekt Europa" scheint es zusehends an überzeugenden Begründungen zu fehlen. Die Völker und Nationen des alten Kontinents lassen sich mit historischen Beschwörungen und Solidaritäts-Appellen nicht mehr beeindrucken und überzeugen.
Die Interessen der europäischen Völker und Nationen müssen neu austariert werden. Anders als von vielen befürchtet, kann die Besinnung auf die "nationalen Interessen" im positiven Sinne zu einem neuen und ausgewogenen Gleichgewicht in Europa beitragen. Die Völker und Nationen wollen sehen, ob und inwieweit das "Projekt Europa" ihren Interessen entspricht, sie wollen die Vorteile und Kosten gegeneinander abwägen und dann entscheiden.
In Großbritannien wird diese Debatte in aller Offenheit geführt. In Deutschland scheut die politische Klasse bisher diese Auseinandersetzung und glaubt, die europapolitischen Umwälzungen irgendwie "durch die Hintertür" durchdrücken zu können. In den meisten europäischen Staaten, u. a. Frankreich, Großbritannien, Niederlande ist es selbstverständlich, dem Volk wichtige europolitische Entscheidungen zur Abstimmung vorzulegen - in Deutschland noch nicht.
Text I. 1 und 2: Die beiden ersten Texte sind Beiträge zu dieser Debatte. Der Essay "Europa und das deutsche nationale Interesse" versucht eine Politik aufzuzeigen, wie das deutsche und europäische Interesse in Einklang gebracht werden können. Der Essay "Rettung des Euro - ein finanzielles Versailles für Deutschland?" überprüft die Euro-Rettungspolitik, die Europa zu zerreißen droht.
Text I. 3: Der Autor war bei Einführung des Euro ein glühender Verfechter der Währungsunion. In einer Debatte im französischen Parlament, der Assemblée Nationale, hat er 1998 als außenpolitischer Berater der SPD-Bundestagsfraktion teilgenommen. Die französische Seite war 1998 hochrangig vertreten: Laurent Fabius und Pierre Moscovici haben seit Juli 2012 z. B. als Außenminister respektive Wirtschaftsminister wichtige Regierungsämter inne.
Die Debatte wurde auf Französisch geführt und ist in der Zeitschrift Témoin dokumentiert. Der Autor betonte die große europapolitische Bedeutung des Euro, unter der Voraussetzung, dass der Euro sehr gut verwaltet/gemanagt werde ("s´ il est très bien géré"). Das beinhaltete insbesondere die Einhaltung der verabredeten Regeln. (Die deutsche übersetzung, die nicht vom Autor stammt, ist irreführend und gibt den Sinn der Aussage nicht wieder; an "Winkelzüge" hat der Autor nicht gedacht.)
Leider ist der Euro nicht gut verwaltet und die Regeln wiederholt gebrochen worden. Mit der Finanz- und Eurokrise 2008 ff. hat sich der Euro zur größten Belastung des europäischen Einigungsprozesses entwickelt. Das war nicht zwangsläufig. Eine wenig weitsichtige Politik der europäischen Politiker und die massiven Interessen der (angelsächsischen) Finanzindustrie haben daran ihren gerüttelten Anteil.
Text I. 4: Die Enttäuschung, um nicht zu sagen, der Zorn des Autors wurde umso größer, als er sich früh und entschieden für die europäische Einigung eingesetzt hatte. In einem Beitrag für die Beilage "aus politik und zeitgeschichte" der "wochenzeitung das parlament", die von der Bundeszentrale für politische Bildung herausgegeben wird, hat er 1979 die Positionen der Sozialdemokratischen und Sozialistischen Parteien Europas vor den Wahlen zum Europäischen Parlament dargestellt und das entschiedene Eintreten dieser Parteien für die europäische Einigung betont. In der Sozialistischen Internationale hatten diese Parteien schon viele Jahrzehnte eine enge Kooperation gepflegt und konnten diese Erfahrung in die europäische Einigung einbringen.
II. Die Wiederherstellung der deutschen Einheit als vorrangiges Ziel deutscher Politik war in den 1970er und 1980er Jahren für einen eher links stehenden Sozialdemokraten ungewöhnlich. Wenn der Autor trotzdem darauf beharrte, so geht das auf die politische Prägung durch den dreijährigen Studienaufenthalt in Paris (1961-1964) zurück. Anders als in Deutschland ist in Frankreich die "Nation" ein Begriff der Linken: die Nation war in der Großen Revolution 1789 geboren worden. In Deutschland hat die Rechte nach der Reichsgründung 1871 den Begriff besetzt, nachdem die Linke in der Revolution von 1848 gescheitert war.
Texte II. 1 u. 2: In der von Jungsozialisten herausgegebenen Zeitschrift "forum ds", die sich als Zeitschrift für Theorie und Praxis des demokratischen Sozialismus verstand, veröffentlichte der Autor 1980 einen Aufsatz mit dem Titel "Die deutsche Nation". Der Rechten wurde die nationale Legitimation streitig gemacht - zu gründlich hatte sie ihren Anspruch in den Katastrophen des Ersten und Zweiten Weltkriegs verwirkt. Der emanzipatorische, auf Freiheit und Demokratie setzende Inhalt des Nationsbegriffs war von der Rechten verraten und pervertiert worden.
Die deutsche Nation musste auf diesen Werten neu begründet werden, ihr Zusammenhalt musste gestärkt, Wege in eine Zukunft in Einheit und Freiheit mussten aufgezeigt werden. In der Frankfurter Rundschau wurde der Aufsatz auf zwei Seiten komplett nachgedruckt. Die Publikation hat dem Autor allerdings von vielen Seiten nur Kopfschütteln eingebracht, einige quittierten sie mit dem bekannten Fingerzeig an die Schläfe.
Natürlich war 1980 nicht abzusehen, dass ein knappes Jahrzehnt später eine Situation eintreten würde, die die Chance zur Wiederherstellung der deutschen Einheit eröffnen würde. Aber diejenigen, die die Hoffnung nicht aufgegeben hatten, waren im Vorteil, wenn es darum ging, Vorzeichen für den epochalen Umbruch von 1989/1990 früher als andere zu erkennen.
Im Sommer 1989 formulierte der Autor Ansätze einer neuen Deutschlandpolitik für führende SPD-Politiker. Der Text wurde dann in Form eines Artikels am 18. Oktober 1989, dem Tag des Rücktritts Erich Honeckers, in einer überregionalen Tageszeitung abgedruckt. Es war die erste Stellungnahme aus der Sozialdemokratie, die während der rasanten Entwicklung im Herbst 1989 die Richtung auf Wiederherstellung der deutschen Einheit vorzeichnete.
Text II. 3: Der Vorwärts-Artikel von 1980 knüpft an die Politik Fritz Erlers an, der als SPD-Fraktionsvorsitzender 1965 kurz vor seinem Tode den Zusammenhang zwischen Abrüstungs- und Entspannungspolitik auf der einen und Deutschlandpolitik auf der anderen Seite herausgestellt hat. Er gab der Hoffnung und Erwartung Ausdruck, dass die Entspannung durch deutsche Gedanken so gefördert werde, "dass mit ihrer Hilfe die Deutschlandpolitik einen Schritt vorangebracht wird".
Zwei Jahrzehnte nach der Deutschen Einheit 1990 ist kaum mehr in Erinnerung, wie umstritten die Entspannungspolitik in der alten Bundesrepublik war. Entspannung als Mittel zur Erhaltung und Förderung des Zusammenhalts der Deutschen während des Kalten Krieges war das Ziel der sozial-liberalen Entspannungspolitik, die von der oppositionellen CDU/CSU heftig angegriffen wurde. "Wenn wir die Wahl haben zwischen Isolierung oder Beeinflussung eines Vorgangs, müssen wir im Interesse unseres Volkes das letztere wählen", so Fritz Erler 1965. Der Artikel übersetzt die Gedankenführung Erlers in die Zeit von 1980.
Text II. 4: Eine schwere Belastung der deutschen Politik im In-und Ausland war in den 1970er Jahren der Terrorismus. Die Rote Armee Fraktion (RAF) überzog mit ihren Terrorakten die Bundesrepublik. Nicht nur im Ausland wollte man in dem Terror der Bader/Meinhof und Nachfolger ein spezifisch deutsches Phänomen sehen. Man glaubte das Hervorbrechen eines neuen deutschen Irrationalismus erkennen zu müssen, der sich erneut gewaltsam und blutig Bahn brach. Der "ewige Deutsche" schien in Gestalt der Terroristen wieder auferstanden zu sein und der Welt sein hässliches und zutiefst erschreckendes Gesicht zu zeigen.
Der damalige CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Alfred Dregger ging darauf ein und versuchte die Verbindung des spezifisch deutschen Terrorismus mit der jüngsten deutschen Geschichte zu klären, kam aber über einige ahnungsvolle Andeutungen nicht hinaus. Im Ausland wurden die Reaktionen und Maßnahmen des deutschen Staates nicht immer verstanden und mitunter heftig kritisiert. Sie lösten Misstrauen aus und untergruben die Glaubwürdigkeit der jungen deutschen Demokratie, ja sie provozierten zum Teil - wer weiß das zu Beginn des 21. Jahrhundert noch? - antideutsche Kampagnen.
Der Essay "Terrorismus als deutsches Phänomen?" versucht die Bundesrepublik von der Kritik des In- und Auslandes zu entlasten. Er ortet die Ursachen und Wurzeln des deutschen Terrorismus in der apolitischen Grundeinstellung des deutschen Bürgertums (die Terroristen waren fast ausschließlich Bürgerkinder, zum Teil aus großbürgerlichem Hause). Weder in der deutschen Aristokratie und noch in der Arbeiterbewegung hat es diesen apolitischen Irrationalismus gegeben.
Die geistig-politische Hegemonie der deutschen Linken als Erbin der Arbeiterbewegung werde den bürgerlichen Irrationalismus überwinden und den deutschen Terrorismus austrocknen - so die These des Autors. Das Presse-und Informationsamt der Bundesregierung hat den Essay aus der Neuen Rundschau 1978 in "Themen der Zeit" nachgedruckt, und damit einem großen Leserkreis zugänglich gemacht.
III. Die deutsche Außenpolitik wurde nach 1990 zunehmend selbstbewusster und gestaltender. Begnügte man sich vor der Zeitenwende überwiegend mit Analysen und der Darstellung von Problemen, so wurde jetzt ein eigener Politikansatz und die Frage nach der Möglichkeit eines aktiven deutschen Beitrags erkennbar, der sich nicht mehr nur im Nachvollzug der Vorgaben aus Washington, Paris oder London erschöpfte. Nicht nur der deutsche Vorstoß für einen Ständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen legt davon Zeugnis ab.
Text III. 1: Nur wenigen Beobachtern ist aufgefallen, dass die außenpolitische Konstellation in Europa nach der Wiedervereinigung zu Beginn der jugoslawischen Zerfallskriege dieselbe war wie bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs: Russland, Frankreich und Großbritannien standen an der Seite Serbiens, Deutschland und Österreich nahmen für Kroatien und Slowenien Partei. Die Interessenparallelität sollte zu denken geben. Der Essay "Kontinuität der außenpolitischen Interessen im 20. Jahrhundert?" geht diesen Kontinuitäten nach.
Text III. 2: Mehr als drei Jahrzehnte war der Autor mit dem Nahost-Konflikt befasst und hat versucht, einen - wenn auch bescheidenen - Beitrag zum Frieden zwischen Israelis und Palästinensern zu leisten. Viele Reisen in die Region, insbesondere nach Israel, und zwei jeweils dreijährige Auslandsposten in Kairo und Damaskus fanden ihren Niederschlag in der Publikation zum "Existenzrecht Israels". Das Problem ist die fortdauernde, totale Isolation Israels in der nahöstlichen Region, die sich in jüngster Zeit sogar verschärft hat. Die Unterstützung der USA, Deutschlands und anderer Staaten wird diese Isolierung auf längere Sicht nicht aufwiegen können. Der Text macht einen Vorschlag für einen deutschen Beitrag zur Konfliktlösung.
Text III. 3: Dass Afghanistan spätestens seit 2005 ein hoffnungsloser Fall war, in den sich die internationale Staatengemeinschaft unter Führung der USA verrannt hatte, war allen Kennern des Landes und der Region klar. Aus einem archaischen Staat wie Afghanistan kann man nicht in wenigen Jahren einen funktionierenden Staat oder gar eine Demokratie nach westlichem Muster machen. Hinzu kamen Probleme mit dem Mohnanbau (Drogen).
Es bedurfte keiner prophetischen Gaben, Anfang 2008 in einer Veranstaltung in Singen auf die Aussichtslosigkeit des Engagements in Afghanistan hinzuweisen, auch wenn diese Voraussage damals im deutschen Publikum überwiegend auf irritiertes Kopfschütteln stieß. Die deutschen und ausländischen Truppenkontingente werden unverrichteter Dinge wieder aus Afghanistan abziehen.
Text III. 4: Auf Auslandsposten in Kairo 1982-1984 hatte der Autor Gelegenheit, in die ägyptische Gesellschaft hineinzuhorchen. Ergebnis ist eine Schrift zum Umgang mit dem islamischen Fundamentalismus oder politischen Islam. Bemerkenswert ist, dass dieser Text 1993/1994 deutschen einschlägigen Zeitschriften zum Abdruck angeboten aber nicht angenommen wurde. Lediglich die "Die Neue Gesellschaft /Frankfurter Hefte", in denen der Autor schon mehrfach publiziert hatte, veröffentlichten schließlich in der Rubrik "Kultur" den Aufsatz mit dem Titel "Die Angst des Westens vor dem Islam". Ab der Jahrtausendwende drang der Aufsatz dann in der Öffentlichkeit durch (bei Google jahrelang an erster Stelle). Der "arabische Frühling", die sog. "Arabellion" haben zwei Jahrzehnte später neue Fakten geschaffen und es stellen sich andere, neue Probleme.
Text III. 5: Der Rüstungsexport nach Saudi-Arabien scheint ein Dauerbrenner zu sein. Was 1980/1981 in der Bundesrepublik für große Aufregung sorgte, ist zu Beginn der 2010er Jahre wieder Thema. Der Aufsatz "Die außenpolitischen Implikationen des Rüstungsgeschäfts mit Saudi-Arabien" wurde 1981 in der ´beilage der wochenzeitung das parlament, aus politik und zeitgeschichte` abgedruckt und erschien wenig später in der Frankfurter Rundschau. Er dürfte damit eine Auflage von knapp 300.000 Exemplaren erreicht haben, was für einen Text von ca. 30 Seiten nicht allzu häufig sein dürfte. Die Probleme von 1981 haben sich bis heute kaum verändert.
Text III. 6: Die "peruanische Revolution" ist das Nebenprodukt einer Bergtour mit dem Deutschen Alpenverein durch die Sierra Vilcanota in Peru. Das Experiment "linker Offiziere", die mit einer linken Militärdiktatur Peru entwickeln wollten, hatte etwas Faszinierendes. In Lateinamerika dominierten zu dieser Zeit "rechte Militärdiktaturen", wenige Jahre zuvor war in Chile Allende von einer Militärjunta gestürzt worden. Für das Experiment linksstehender Offiziere fehlten in Peru aber die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Voraussetzungen, idealistische Zielsetzungen allein bewirken keine Wunder. Später nahmen Maoisten der Guerilla-Organisation "Sentiero Luminoso" einige Ziele der linken Militärdiktatur wieder auf - doch auch sie mussten scheitern.
Text III. 7: "Westeuropa und das nördliche Mittelmeer" war 1975 die erste außenpolitische Veröffentlichung des Autors (sie erschien gleichzeitig auf Englisch). Der Aufsatz wies auf die politisch gefährdete Südflanke Europas und der NATO hin. Man frägt sich, ob man überrascht sein soll oder nicht: aber es waren Mitte der 1970er Jahre schon die gleichen Sorgenkinder, die 40 Jahre später in der Europäischen Union als "Peripheriestaaten" der sog. "Südschiene" während der Eurokrise Probleme bereiten: Griechenland, Italien, Spanien, Portugal. Damals konnten sie stabilisiert werden.
IV. Mit dem Eintritt in den Ruhestand 2007 war genug Ruhe und Muße vorhanden, um einigen historischen Fragestellungen nachzugehen.
Text IV. 1: An erster Stelle ist die Rede von Bundespräsident Richard von Weizsäcker vom 8. Mai 1985 zum Kriegsende 1945 zu nennen. Schon 1985 hatte sich der Autor gewundert, wer alles in den Chor derer einstimmte, die die Rede begeistert aufnahmen. Zu viele kannte er, die bis 1945 das Hitlerregime unterstützt hatten. Da konnte etwas nicht stimmen, wenn sie sich 1985 plötzlich als "Befreite" wiederentdeckten. Der Vorgang war jedenfalls aufklärungsbedürftig.
Text IV. 2: Das 2010 erschienene Buch "Das AA und die Vergangenheit" konnte den Autor als ehemaligem Angehörigen des Auswärtigen Amtes nicht unbeteiligt lassen. Bei der Vorstellung des Buches im Auswärtigen Amt hatte er sich bereits an der mündlichen Diskussion beteiligt. Retuschen an der Vergangenheit und Legendenbildungen tragen - so das Fazit der Rezension - auch im Hinblick auf das Auswärtige Amt nicht weit.
Texte IV. 5 und 6: Im oberschwäbischen Biberach hielt der Autor zwei Vorträge über Matthias Erzberger, der für das Deutsche Reich den Waffenstillstand vom 11. November 1918 unterschrieben hatte. Erzberger, der Biberacher Reichstagsabgeordneter war, wurde 1921 von Rechtsradikalen ermordet. Sein Andenken ist es wert, hochgehalten zu werden.
Texte IV. 3 und 4: Mit der Rolle Erzbergers am Ende des Ersten Weltkriegs und dem Versailler Friedensvertrag rückte der Zweite Weltkrieg in den Blick. Ohne den Ersten Weltkrieg sind der Zweite Weltkrieg, sein Ende 1945 ebenso wie die Katastrophe des Holocaust nicht denkbar. Die Essays "Kriegswende Dezember 1941 und Holocaust" und "Holocaust - Folge der Ruhmsucht Hitlers?" stehen für diesen Themenkomplex.
Texte IV. 7, 8 und 10: Geschichte ist mehr als eine Sammlung von Fakten und darauf aufbauende Erzählkunst. Die Stellung Deutschlands in der Geschichte, Fragen der Geschichtsdeutung und der Geschichtspolitik werden deshalb in den Essays "Deutschland im Spiegel der Nachwelt", "Geschichte, Geschichtsperzeption und Politik" und dem Artikel "Der Kulissenschieber: Franz Josef Strauß, die Geschichte und die ´Geschichtslosigkeit`" behandelt.
Text IV. 9: Schließlich führt der Aufsatz über den "Griechisch-türkischen Konflikt" wieder in jene Problemzone Südeuropas, die uns in der Finanz- und Eurokrise als "Peripherie" oder "Südschiene" entgegentritt. Auch der griechisch-türkische Konflikt ist nicht gelöst: die fortbestehende Teilung Zyperns ist nur einer der Streitpunkte.
V. Zwischen Philosophie und Politik gibt es mehr als nur Berührungspunkte. Politisches Denken wurzelt auch in der Philosophie.
Text V. 1: Ein Beispiel ist Martin Heidegger. Der Text "Heidegger, die Nazis und der aussichtslose Krieg" ist kein Beitrag zur Interpretation der Philosophie Heideggers oder zu seiner Biographie. Das Interesse des Aufsatzes gilt Heidegger als Repräsentanten eines Teils der intellektuellen Elite Deutschlands, der die NS-Herrschaft und Hitler mittrug - wenn auch mit wachsender Distanz. Den Krieg hat Heidegger, wie viele andere, trotz seiner Aussichtslosigkeit bis zum bitteren Ende 1945 bejaht. Seine Philosophie hat diese Haltung begünstigt.
Text V. 2: Platons "Königsphilosoph" hat Politiker und Philosophen schon immer beschäftigt. Das Zusammenfallen von Theorie und Praxis in einer Person, nämlich dem "Königsphilosophen", ist eine faszinierende und verführerische Idee. In der Realität hat es diese Verbindung - wenn überhaupt - nur äußerst selten gegeben. Der Text versucht die Idee in unsere Zeit zu übersetzen und löst den "Königsphilosophen" in eine größere Zahl von Personen auf, die dessen Idealen gemeinsam verpflichtet sind.
Text V. 3: Das marxistisch-leninistische Wörterbuch der Philosophie, das 1964 erstmals in der DDR erschien und dessen 10. Auflage in Hamburg/Reinbek 1975 als Lizenzausgabe nachgedruckt wurde, ist als Versuch interessant, Philosophie und Politik in Einklang zu bringen. In diesem Fall war es allerdings teilweise eine verschleierte Indienstnahme der Philosophie für die spezifische DDR-Politik, wie in der Rezension gezeigt wird.
Einige der Internetveröffentlichungen haben laut Google eine große Leserschaft gefunden. Die Texte "Europa und das deutsche nationale Interesse", "Rettung des Euro - ein finanzielles Versailles für Deutschland?" und die "Anmerkungen zur Rede Richard von Weizsäckers vom 8. Mai 1985 zum Kriegsende 1945" standen auf der Google-Suchliste viele Monate bei Suchergebnissen in mehrfacher Millionenhöhe auf den vorderen Plätzen; der Text zum "deutschen nationalen Interesse Europa" bei zeitweise über 40 Millionen Suchergebnissen auf dem ersten Platz. Natürlich kann man die Algorithmen, mit denen Google zu solchen Ergebnissen kommt, in Frage stellen - aber sie sind ein Indikator.
Als Grenzgänger zwischen Diplomatie und Politik konnte der Autor im Auswärtigen Amt, in der Friedrich-Ebert-Stiftung und der SPD-Bundestagsfraktion seltene Einsichten gewinnen und mit dem Blick eines Historikers vereinen.
Inhaltsverzeichnis | 3 | ||
Einführung | 7 | ||
I. | Texte zur Europapolitik | 23 | |
1. | Europa und das deutsche "nationale Interesse" Internetveröffentlichung, Juni 2011 | 24 | |
2. | Rettung des Euro - finanzielles Versailles für Deutschland? Internetveröffentlichung, Juni 2012, aktualisiert Oktober 2012 | 41 | |
3. | Der Euro und das politische Gleichgewicht in Europa in: Témoin, L´euro plus rien comme avant? Nov./Dez. 1998 S. 131-133 | 57 | |
4. | Die Sozialdemokratischen und Sozialistischen Parteien Europas in: aus politik und zeitgeschichte, beilage zur wochenzeitung das parlament, B 14/79, S. 17-31 | 62 | |
II. | Texte zur Deutschlandpolitik | 62 | |
1. | Eine "deutsche Konföderation" als Silberstreif am Horizont? Frankfurter Rundschau vom 18.Okt.1989 | 78 | |
2. | Frankfurter Rundschau vom 24. Januar 1980; Nachdruck aus: Die deutsche Nation, forum ds 8, Zeitschrift für Theorie und Praxis des demokratischen Sozialismus, 4. Jg., Heft 8, S. 7-31 | 84 | |
3. | Realpolitik in Phase Vier Vorwärts vom 10. April 1980, Nr. 16, S. 9 | 97 | |
4. | Terrorismus als deutsches Phänomen? in: Neue Rundschau, 89. Jg., 1978, 1. Heft, S. 30-41; Nachdruck: Themen der Zeit, Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, Nr. 369, 20. April 1978 | 101 | |
III. | Texte zur Außenpolitik | 113 | |
1. | Kontinuität deutscher außenpolitischer Interessen im 20. Jh.? Internetveröffentlichung, Juni 2009 | 114 | |
2. | Existenzrecht Israels Internetveröffentlichung, Juni 2007 | 139 | |
3. | Afghanistan - Raus aus! Internetveröffentlichung, Februar 2008 | 148 | |
4. | Die Angst des Westens vor dem Islam aus: Die Neue Gesellschaft / Frankfurter Hefte November 1994, S. 1028 - 1035 | 158 | |
5. | Die außenpolitischen Implikationen des Rüstungsgeschäfts mit Saudi-Arabien, aus politik und zeitgeschichte, beilage zur wochenzeitung das parlament, B 14/81, 4. April 1981, S. 3-11; Nachdruck Frankfurter Rundschau vom 6. April 1981 | 167 | |
6. | Die "peruanische Revolution" aus: Dokumente, Zeitschrift für internationale Zusammenarbeit 32. Jahrgang., 1976, S. 109-115 | 176 | |
7. | Westeuropa und das nördliche Mittelmeer aus: Außenpolitik, 26. Jg., 2/75, S.197-207 | 183 | |
IV. | Texte zur Geschichte | 194 | |
1. | Mai 1945: Tag der Befreiung? Anmerkungen zur Rede von Bundespräsident Richard von Weizsäcker vom 8. Mai 1985 zum Kriegsende 1945, Internetveröffentlichung, April 2011 | 195 | |
2. | Das Auswärtige Amt und die Vergangenheit oder Vom Kratzen an den Tempelwänden, Internetveröffentlichung, Dez. 2010 | 221 | |
3. | Kriegswende Dezember 1941 und Holocaust Internetveröffentlichung, März 2009 | 235 | |
4. | Holocaust - Folge der Ruhmsucht Hitlers? Internetveröffentlichung, Februar 2008 | 250 | |
5. | Reichsfinanzreform Erzbergers 1919/1920 Vortrag VHS Biberach/Riß, 24. Februar 2010 | 268 | |
6. | Matthias Erzberger, Wegweiser für die Zukunft Vortrag Biberach/Riß am 14. 11.2008 zum Gedenken an den Waffenstillstand vom 11. 11. 1918 in Compiègne, der den Ersten Weltkrieg beendete | 290 | |
7. | Deutschland im Spiegel der Nachwelt Internetveröffentlichung, Oktober 2008 | 305 | |
8. | Geschichte, Geschichtsperzeption und Politik Internetveröffentlichung, Dezember 2007 | 325 | |
9. | Der griechisch-türkische Konflikt aus: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, Zeitschrift der Geschichtslehrer Deutschlands (GWU),1977, 10, S. 599-622 | 337 | |
10. | Der Kulissenschieber: Franz Josef Strauß, die Geschichte und die "Geschichtslosigkeit", in: Vorwärts vom 13. Dez. 1979, Nr. 51, S. 3 | 361 | |
V. | Philosophisch-politische Schriften | 365 | |
1. | Heidegger, die Nazis und der aussichtslose Krieg Internetveröffentlichung, Mai 2009 | 366 | |
2. | Der Königsphilosoph als Lösung? Hatte Plato doch recht? in: Martin Greiffenhagen, Rainer Prätorius (Hrsg.), Ein mühsamer Dialog, EVA; 1979, S. 42 - 53 | 378 | |
3. | Philosophie als Funktion der DDR-Politik aus: Deutschland Archiv, Zeitschrift für Fragen der DDR und der Deutschlandpolitik, 9. Jahrgang, Januar 1976, S. 80 - 84 | 390 |
Als Grenzgänger zwischen Diplomatie und Politik konnte der Autor im Auswärtigen Amt, in der Friedrich-Ebert-Stiftung und der SPD-Bundestagsfraktion seltene Einsichten gewinnen und mit dem Blick eines Historikers vereinen.